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Madagaskar: im Land der Lemuren, Chamäleons und Baobabs


Ein Reisebericht von den Globetrottern Nadine Querfurth und Thorsten Rieck (2001)

Download des Berichtes im PDF-Format! (1,2 MB)

1. Einleitung - Wir über uns & Madagaskar · (Kapitel 1 · 2 · 3 · 4 · 5 · 6 )

Wir hatten fünf lange, intensive Jahre studiert. Es war eine besondere Zeit- das Studentenleben. Bevor wir uns aber ins Berufleben stürzten, wollten wir Abstand nehmen von allem: Von zu Hause, dem Studium, der Familie, dem Konsum und entschieden uns, einen lange geträumten Traum wahr zu machen: 5 Monate auf Reisen zu gehen und auf unbetretenen Pfaden zu wandern! Madagaskar war unser Ziel. Das Fleckchen Erde, das uns bis dahin nur aus dem Lied "Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord..." bekannt war, wollten wir erkunden. Die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt machen
Madagaskar zu einer besonderen Destination. Fast alles, was dort auf wunderbare Weise existiert, gibt es nur dort und nirgends anders auf der Welt. Die Lemuren z.B. gibt es nur auf dieser Insel. Wir, das sind Thorsten und Nadine, sind beide Biologen und wollten auf die Suche nach diesen Halbaffen gehen. Aber, Sie werden lesen, dass es nicht nur die Lemuren sind, die Madagaskar zu einer besondern Insel machen... Die große Insel vor der Küste Mozambiques erscheint im Vergleich zum Rest des großen afrikanischen Kontinents so klein, aber sie ganz zu bereisen war auch innerhalb der drei Monate, die wir dort verbrachten, kaum möglich, doch dafür unvergesslich schön und von einmaliger Besonderheit. Über unsere gesamten Erlebnisse zu erzählen, würde in ein zehn- bändiges Werk ausarten, daher erzählen wir hier nur einige, besondere Geschichten, die wir dort erlebten...
Chamäleon

Auf Madagaskar leben 2/3 aller Chamäleonarten. Sie erreichen Größen von bis zu einem Meter, das kleinste unter ihnen ist gerade einen Zentimeter groß. Ihr Farbwechsel ist eine Reaktion auf ihren Hormonhaushalt und nicht- wie viele glauben- eine Tarnreaktion, um sich der Hintergrundfarbe anzupassen.
Baobabs

Auf der Insel Madagaskar existieren 7 verschiedene Arten von Affenbrotbäume (Baobabs). Auf dem gesamten afrikanischen Kontinent kommt dagegen nur eine Art vor. Im Westen der Insel taucht man in eine Märchenwelt ein, in der die Baobabs das Landschaftsbild prägen.

Es war zu Beginn unsere Reise im Monat Oktober, dem fruchtbaren Sommer auf der Insel, in dem viele Ernten anstehen. Die der Lychees, der Ananas, der Mangos und die der Pfirsiche. Eine Ernte war bereits vorüber: Die der Vanille. Sie wurde bereits als jährliches, besonderes Ereignis in den Monaten von Mai bis Juli gefeiert. Madagaskar ist einer der Hauptexporteure der Vanille. Und die Vanille war es auch, die uns in die nordöstliche Ecke Madagaskars verschlagen hatte. Da die Strassen allesamt so unwegsam waren, blieb uns für dieses Ziel nur das kleine Propellerflugzeug als Fortbewegungsmittel, das uns nach Sambava brachte. Dieses Gebiet ist ein ganz besonderes, und der Duft der Vanille liegt hier überall in der Luft. Sambava ist mit drei anderen Dörfern das Hauptanbaugebiet der Vanille auf der Insel Madagaskar. Hier ist das Klima feucht und warm, ideal für das Gedeihen der Vanille-Pflanze.
Madagaskar produziert mit der Insel Réunion die hochwertigste Vanille der Welt, die Bourbon-Vanille.
Das Propellerflugzeug gehörte "Air Madagaskar".
Ein Freund hatte diese Fluggesellschaft einmal treffender Weise "Air Peut-être" genannt, denn der Flugverkehr stand stets unter dem Attribut "vielleicht". Vielleicht startete das Flugzeug, vielleicht erreichte es auch seinen Zielort. Nachdem wir gelandet waren, brachte uns ein Madagasse in seinem orangefarbenen 2CV, der noch eine dieser alten Hebelschaltungen schräg unter dem Lenkrad verschraubt hatte, zu einem Hotely. Hotelys sind auf madagassische Art kleinere Hütten zum Übernachten, die gleichzeitig auch ein kleines Restaurant besitzen. Im hinteren Bereich des Hotelys waren Feuerstellen, auf denen zahlreiche Aluminiumkochtöpfe standen und "vary" gekocht wurde- der Reis. Reis ist für Madagassen das Hauptnahrungsmittel. Sie sind noch vor den Chinesen die größten Reisesser der Welt! Und da ihr eigener Anbau nicht ausreicht, um die Bevölkerung zu ernähren, müssen sie billigen Reis importieren.
Chez Philipily hieß das kleine Hotely, in dem wir eine Unterkunft fanden. In einem kleinen Raum standen Tische mit rot karrierten Tischdecken. An den Wänden hingen -wie überall in den Hotelys und Restaurants- furchtbar kitschige Poster, die entweder ein Liebespaar, einen im Überfluss dekorierten Esstisch oder unwirkliche Landschaftskompositionen zeigten. Eine nette junge Madagassin kam auf uns zu und
Sifakas

Lemuren sind auf Madagaskar endemisch, d.h. sie existieren nur hier (bis auf eine Art auf den Komoren). Ca. 35 Arten leben auf Madagaskar. Der Larvensifaka (Propithecus verrauxi) ist eine von ihnen und lebt eher im südlichen Teil der Insel. In den ersten Monaten tragen Lemuren ihre Jungen auf dem Bauch, nach drei Monaten klammern die Kleinen sich auf dem Rücken der Mutter fest. Dann beginnen sie zu lernen, sich zielsicher in den Baumkronen zu bewegen.
Familie Rakotoharimalala

Unsere "Vanille-Familie" in Sambava: Familie Rakotoharimalala, bei denen wir im "Chez Philipily" den Geschichten über die Vanille.
fragte, was wir bestellen wollten. Wir begrüßten sie mit "Manahoana", was "Guten Tag" bedeutet. Madagassisch war für unsere Ohren eine sehr schön klingende Sprache, sie jedoch zu lernen, schien uns sehr kompliziert zu sein. Wir versuchten uns dennoch an einigen Floskeln für das Alltagsleben und lernten sehr schnell, dass nur die ersten zwei Drittel eines jeden Wortes ausgesprochen werden. Der Rest wird verschluckt. Ich fragte die sympathische Frau, was sie uns denn empfehlen könne und so brachte sie uns kurze Zeit später sehr leckeres Zebu-Gulasch, zubereitet aus dem Fleisch des Zebus, dem madagassischen Rind. Nach und nach lernten wir die ganze Familie kennen, die den langen für uns unaussprechlichen Namen Rakotoharimalala hatte.
Alle Mitglieder der Familie wuchsen uns ans Herz, und wir verbrachten viel Zeit bei ihnen. Sie waren so fröhlich, hatten Spaß miteinander und lachten viel. Die Madagassen sind alle sehr hübsche Menschen mit Gesichtszügen vom Afrikanischen bis zum Asiatischen. Jedes Gesicht birgt in sich eine Verschmelzung aus vielen verschiedenen Kulturen, deren eigentliche Herkunft überwiegend der indo-malayische Raum ist. Wir waren ja wegen der Vanille hierher gekommen und hatten uns während des ersten Spaziergangs in Sambava gewundert, weshalb wir auf den Märkten keine finden konnten. Keine Verkäufer, die uns Vanille anboten, keine fliegenden Händler. Eine Straßenverkäuferin, die an ihrem Stand Kassetten verkaufte, und bei der wir endlich eine gesuchte Kassette einer madagassischen Band fanden, fragten wir, wo wir denn Vanille kaufen könnten. Auf meine Frage hin verdüsterte sich ihr Gesichtsausdruck etwas und sie zog uns hinter ihren Verkaufsstand. "Vazaha (so nennen die Madagassen die Weißen) müssen starke Männer mitnehmen, wenn sie Vanille kaufen," hauchte sie, "denn alle Menschen hier sind wegen der Vanille schlechte Menschen und Teufel!" vollendete sie ihren Satz. Wir nickten, wussten aber immer noch nicht genau, was es hier mit dem Kauf der Vanille auf sich hatte. Da es anscheinend so schwer war, die echte Vanille zu Gesicht zu bekommen, überlegten wir uns, eine Vanille-Fabrik zu besuchen. LOPAT war der Name einer kleinen Fabrik, die wir daraufhin aufsuchten. Ein Herr führte uns durch die Räume und erklärte uns ausgiebig, wie die Vanillepflanze wächst und wie die Schoten verarbeitet werden.
Die Vanille stammt ursprünglich aus Mexiko und kam durch Seefahrer nach Europa, und später von Paris nach Antananarivo, der Hauptstadt Madagaskars. Außerhalb von Mexiko fehlen die natürlichen Bestäuber der Vanilleblüten, Kolibris und Schmetterlinge. So muss außerhalb Mexikos jede einzelne Vanilleblüte mit der Hand bestäubt werden. Aus der bestäubten Blüte wächst dann innerhalb von sechs bis acht Monaten die Schote heran. Das Vanillegewächs zählt zu den Kletterorchideen und wächst als Parasit auf einer Wirtspflanze. Haben die Schoten, genau genommen sind es Kapseln, eine Länge von 12-14 cm erreicht, werden sie geerntet. In diesem Zustand sind sie grün und riechen nicht annähernd nach Vanille. Es folgt ein sehr aufwendiger Fermentationsprozess, der das Vanillin freisetzt: Die Schoten werden zuerst mit 60°C heißem Wasser übergossen, ziehen gelassen und in Jutesäcke verpackt.

Pousse-Pousse
Ein Pousse-Pousse, die madagassische Rikshaw, ist ein weiteres mögliches Fortbewegungsmittel. Langsam aber zuverlässig. Bei Regen zahlt jeder den doppelten Fahrpreis
Kinder in Tana

Die vielen Kinder auf Madagskars Straßen drängten sich vor der Kamera, um mit auf das Bild zu kommen. "Vazaha, Vazaha, une photo!" riefen sie uns zu.
Vanilleblüte

Die Vanilleblüte. Aus ihr entwickeln sich nach Handbestäubung die Vanilleschoten. Botanisch handelt es sind jedoch um Vanillekapseln.
Nun folgt eine abwechselnde Behandlung aus Schwitzen und Trocknen, wobei die Schoten keine Feuchtigkeit abbekommen dürfen und lange in der Sonnenwärme trocknen. Auf selbst gebauten Ständen lagern die Jutesäcke mit den fein verteilten Vanilleschoten, um der Sonne exponiert zu sein. Zu dieser Zeit liegt der Vanilleduft überall in der Luft. Während des Fermentationsprozesses spaltet sich enzymatisch das Vanillin ab. Die Schoten werden dabei dunkelbraun bis schwarz und entwickeln ihr einzigartiges Aroma. Wer in unseren Landen glaubt, der im Handel erhältliche, synthetisch erzeugte Vanillinzucker sei das selbe, der täuscht sich. Das ätherische Öl der Vanillefrucht setzt sich aus über 35 verschiedenen Duftstoffen zusammen. Wer einmal den harmonischen, sinnlichen Duft der echten Vanille gerochen hat, vergisst ihn sein Leben lang nie wieder.
In der Vanillefabrik arbeiteten vorwiegend Frauen. Sie standen an langen Tischen, auf denen die Schoten ausgebreitet waren. Jede Schote glitt durch ihre Finger, wurde der Länge nach sortiert und der Geruchsprobe unterzogen. Eine Frau bündelte vor sich hunderte von Schoten und schnürte sie mit einer Kordel aus Raffia zusammen. Die Schoten wanderten dann in große Holzkisten, die für den Export bestimmt waren. Wir beschlossen, unsere nette, madagassische Familie nach der Vanille zu fragen. M. Rakotoharimalala erzählte, dass er selber Vanille anbaue, die Erntezeit aber schon vorüber sei. "Es ist in der Tat nicht einfach, sie hier zu finden", stimmte er zu. "Man muss sich sehr gut auskennen, euch Vazaha verkaufen die Händler oft schlechte Vanille", erzählte er weiter.
Seine Frau ging derweil in die Küche und kam mit einem kleinen Paket wieder. Sie zeigte auf den Inhalt, den sie aus Wachspapier ausgewickelt hat. Uns strömte ein wunderbarer, voller und harmonischer Duft entgegen. Wir wussten sofort, dass diesen Duft die madagassische Vanille verbreitet. Vorsichtig zeigte sie uns die langen, tiefschwarzen, öligen Schoten. Sie begann, von der Verarbeitung der Vanille zu erzählen, und was man beim Kauf beachten müsse. "Das hier", sie nimmt eine Schote in die Hand "ist Vanille, schwarze Vanille, aus unserer eigenen Ernte". Ihr Gesicht strahlt vor Stolz, denn der Prozess der Verarbeitung ist sehr aufwendig und kompliziert, wie wir schon in der Fabrik erfahren hatten. "Ihr müsst aufpassen, dass die Schoten immer geschlossen sind, sonst verlieren sie das Aroma sehr schnell", warnt sie uns.

Frauen sortieren die Vanille

Hauptsächlich Frauen bearbeiten die Vanilleschoten - jede per Hand
Prüfung der Vanilleschoten

Jede Schote wird per Hand auf Länge, Qualität und Geruch geprüft.
"Vazahas verkauft man gerne die falsche Vanille, die sogenannte rote Vanille, die zu feucht geworden ist und leichter schimmelt; für Laien ist das aber nicht erkennbar". Wir merkten, dass sich unser Unterfangen, Vanille zu kaufen, schwieriger gestaltete als zuerst angenommen. Zögerlich fragten wir Mme Rakotoharimalala, ob sie uns eventuell helfen könne, gute Vanille zu finden. Sie stimmte zu und zeigte auf ihren Mann. "Er wird mit euch gehen, er kennt sich sehr gut aus", bestätigte sie uns vertauensvoll. Sie rundete ihre Erzählungen über die Vanille ab, indem sie erklärte, wie sie die Vanille verwendet. "Ich stecke ein Drittel einer Schote in den Kuchen- teig und backe sie mit. Ist der Kuchen fertig, ziehe ich die Schote heraus und verwende sie ein zweites Mal".
Mit ihrem Mann suchten wir dann nach der echten Vanille, denn wir hatten begriffen, dass wir im Alleingang garantiert die schlechte Vanille mit nach Hause bringen würden und waren sehr dankbar für die Hilfe und Freundlichkeit, die uns zuteil wurde. In einem Creme farbenen Peugeot fuhren wir durch Sambava, letztendlich doch mit der ganzen Familie. In der Nähe des Marktplatzes hielt der Peugeot, M. Rakotoharimalala stieg aus und warf uns einen Blick zu, der uns vermuten ließ, wir sollten lieber im Auto zurückbleiben. Wir rutschten die Sitzbank etwas hinunter und versuchten durch das kleine Fenster zu spähen, um die Geschehnisse draußen zu verfolgen. Aus dem Bretterverschlag, vor dem das Auto gehalten hatte, kam ein Mann hervor und zog einen großen, weißen Sack hinter sich her. Der Verkäufer öffnete ihn mit beiden Händen und schaute unseren Freund fragend an, während dieser tief hineingriff. Er holte ein mit Raffia zusammengeschnürtes Bündel Vanille hervor und begutachtete die Schoten mit einem Kennerblick. Er ließ sie der Länge nach durch seine Finger gleiten und roch sehr lange daran. Dann fächerte er die Gesamtheit der Schoten auf und beäugte sie erneut. Das Stirnrunzeln in seinem Gesicht verriet uns, das irgendetwas mit dieser Vanille nicht stimmte. Er bedankte sich bei dem Bauern und kam zurück zum Auto. Sobald er eingestiegen war, drehte er sich zu uns um und sagte: "Die Schoten waren zu feucht, ihr hättet sie noch sehr lange in der Sonne trocknen lassen müssen, ansonsten hätten sie zu schimmeln begonnen und wären ungenießbar".
Wir fuhren weiter und ließen Sambava hinter uns. Unser Freund schlug dann einen kleinen Sandweg ein und hielt vor einer Hütte, die mit getrockneten Bananenblättern gedeckt war. Der Madagasse in seiner Hütte schien sofort zu wissen, weshalb wir gekommen waren und zeigte sich sofort mit dem kostbaren Gut. Erneut machte sich der Kenner ein Bild von der Vanille. Diesmal jedoch dauerte das Begutachten nicht länger als einige Sekunden. "Scheint nicht die Gute zu sein", dachten Thorsten und ich. An diesem Tag hatten wir kein Glück und hatten trotz der fachmännischen Hilfe keine hochwertigen Vanilleschoten gefunden. Unsere Familie versprach uns, in den nächsten Tagen die Augen offen zu halten und weiter zu suchen. Sie hätten da noch einige Leute, die sie kennen würden und nach Vanille fragen werden. Wir waren begeistert von dem Enthusiasmus und der Freundlichkeit, die Familie Rakotoharimalala ausstrahlte. Vanille für den Export

Für den Expot bestimmte Vanille. Der Weltmarkpreis für ein Kilogramm liegt bei 140 US$ ( Quelle von 2000).

weiter zum 2. Kapitel "Die Seidensifakas von Marojeji" >>> · (Kapitel 1 · 2 · 3 · 4 · 5 · 6 )


Text / Fotos: All Copyrights by Nadine Querfurth / Thorsten Rieck, 2001 > Kontakt


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