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Madagaskar: im Land der Lemuren, Chamäleons und Baobabs


Ein Reisebericht von den Globetrottern Nadine Querfurth und Thorsten Rieck

3. Kapitel - Madagassischer Alltag auf Nosy Komba · (Kapitel 1 · 2 · 3 · 4 · 5 · 6 )

Einige Wochen später reisten wir an die Nordwest-Küste der Insel. Im Gegensatz zum feuchten, recht kühlen Klima des Bergnebelwaldes von Marojeji herrschte hier karibisches Flair. Weißer Strand, Kokosnusspalmen und glasklares, blaues Wasser erwarteten uns. Der Hauptinsel Madagaskar sind hier drei Inseln vorgelagert: Nosy Tanikely, Nosy Komba und Nosy Be. Letztere heißt auch "Insel der Düfte", denn die Blüten des Ylang-Ylang-Baumes verbreiten auf der gesamten Insel Ihren Duft. Ylang-Ylang dient heutzutage der Parfumindustrie als Rohstoff und ist wohl jedem Parfum als Grundstoff zugesetzt. Uns hatte es aber eine andere, viel kleinere Insel angetan - Nosy Komba. Nosy heißt auf Madagassisch Insel. Sie wurde für uns zum Inbegriff des Alltagslebens der Madagassen, in das wir von liebenswürdigen Menschen einbezogen wurden.
Wie auf Reisen die schönsten Erlebnisse oft durch den Zufall entstehen, kamen wir durch viele Umwege, durch Kontakte über Dritte und zu guter Letzt durchs Hören-Sagen nach Nosy Komba. Auf einer Nachbarinsel sollte es einen Franzosen leben - Monsieur Michel -, der einen Katamaran besitzt und ab und zu die kleine Insel Nosy Komba ansteuert. Wir fanden M. Michel mit seinem Katamaran, und er segelte mit uns nach Nosy Komba. Wir hatten ihn gefragt, ob man auf der Insel übernachten oder irgendwo am Stand zelten könne. Daraufhin erwiderte Michel, dass er dort direkt am Strand Michel, dass er dort direkt am Strand eine alte Bar mit großer Holzveranda hätte. "Da ist gerade niemand und mein anderes Segelschiff legt dort erst wieder in einer Woche an", erzählte uns Michel. "Sucht euch dort ein nettes Plätzchen für euer Zelt", bot er uns an. Sobald der Katamaran ins seichte, türkis blaue Kinder am Strand von Nosy Komba

Unsere kleinen Freunde am
Strand von Nosy Komba
Wasser segelte, sahen wir von Weitem eine Holzveranda, von der wir sofort vermuteten: Dies wird unser Plätzchen für einige Tage! Der Katamaran mit Michel an Bord legte bald wieder ab, und wir standen auf einem paradiesisch schönen Strand. Unser Gepäck lag im Sand. Viel war es nicht: Ein Zelt, ein paar Klamotten, ein bisschen Essen. Um uns herum war viel Strand mit weißem, feinkörnigen Sand. Nosy Komba vorgelagert, erschlossen sich einige der schönsten Tauchparadiese, wie wir eigens unter Wasser bei Tauchgängen erlebt hatten. Wir waren nicht lange alleine am Strand. Madagassische Kinder sind extrem neugierig, aber dabei entzückend vorsichtig. Drei Mädchen und ein Junge von sechs oder sieben Jahren kamen auf uns zu und fragten jeden von uns auf Französisch: "Comment apelle tu?". Wir verrieten unsere Namen und sie die ihren.
Unter den Vieren war ein Albinomädchen mit weißer Haut und gekräuselten, blonden Haaren. Ihr machte die Sonneneinstrahlung mehr zu schaffen als ihren dunkelhäutigen Freundinnen. Sie war voll integriert und genoss genauso viel Ansehen, wie jede von ihnen. Ich holte mein kleines Tonaufnahmegerät aus dem Rucksack und erklärte ihnen, was das sei. Sie waren sehr interessiert und wollten es sofort ausprobieren. Auf der gesamten Reise war dieses kleine Ding immer eine Attraktion. Sobald die Kinder oder Erwachsenen ihre aufgenommenen Stimmen auf Band hörten, waren sie stolz und konnten die Aufnahmen nicht oft genug hören. Die vier Kinder sangen uns alle Lieder vor, die sie kannten. Dann stimmten sie erneut mit verteilten Rollen und anderen Stimmen an, so dass wir ungefähr drei Versionen von jedem Lied auf Kassette auf- nahmen. Teilweise improvisierten sie und trommelten den Rhythmus mit Stöckern auf Muscheln oder Die besten Freunde

Die besten Freunde
Kokosnussraspelstuhl

Lauricia auf ihrem Kokosnussraspelstuhl
reihten die Strophen wahllos aneinander. Für diesen Tag war die Aufnahmesession vorüber und sichtlich stolz schlenderten die vier nach Hause in die umliegenden Hütten zu ihren Familien. Wir sorgten nun erst einmal für ein Dach über dem Kopf und konstruierten unser Zelt auf der Holzveranda. Da an diesem Strand anscheinend vor uns noch nicht allzu viele Menschen ein Zelt aufgebaut hatten, beobachtete uns neugierig ein versammeltes Publikum. Es blieb aber nicht nur beim Staunen, sondern sie fassten alle mit an. Sie sammelten Holz und schlugen es mit Steinen als Heringe in den Sand. Bald stand unser zu Hause wie eine Eins - dank der tatkräftigen Hilfe unserer neuen Nachbarn, die wir allesamt nach und nach begrüßten. Uns fiel sofort auf, dass hier zahlreiche Generationen unter einem Dach zusammen wohnten. Uns schien es ein sehr harmonisches Miteinander. Der Junge einer Familie z.B. kümmerte sich den ganzen Tag rührend um seine kleine Schwester. Er trug sie umher, gab ihr zu essen, schaukelte sie und legte sie in den Sand, um Faxen
mit ihr zu machen. Im Schatten eines Baumes mit angehängten Fischernetzen saß den Vormittag über die Großmutter der Familie und schlief mit einem leichten Tuch bedeckt im Sand. Neben uns auf die Veranda setzte sich eines Mittags die Mutter eines der Mädchen, die uns am Tag zuvor die schönsten Lieder gesungen hatten. Sie setzte sich auf einen Holzstuhl und raspelte eine Kokosnuss. Dieser Stuhl war genau zu diesem Zweck konstruiert, es war ein Kokosnussraspelstuhl. Zwei Holzteile waren so geschnitzt, dass sie, in einem Winkel zusammengesteckt, eine Sitzfläche bildeten.Als Verlängerung der Sitzfläche war eine Raspel angenagelt. So konnte man, auf dem Stuhl sitzend, die Kokosnuss mit beiden Händen an der Raspel hin und her bewegen. Das abgeschabte Fruchtfleisch fiel in einen Topf, der unter der Raspel im Sand stand. Die Madagassin - ihr Name war Lauricia - erfreute sich an unserer Neugier und demonstrierte ausgiebig, wie praktisch dieser Stuhl war. Da sie wenig Französisch sprach und wir wenig Madagassisch, kommunizierten wir eher mit Händen und Füßen, verstanden uns aber prächtig. Als sie mit dem Raspeln der Kokosnüsse fertig war, verließ sie den Stuhl und kehrte für einige Zeit in ihre Hütte zurück.
Wir hatten das Gefühl, während der vier Tage, die wir am Strand auf Nosy Komba verweilten, vollkommen in das Familienleben unserer Nachbarn integriert zu sein. Uns kam eine Freundlichkeit, Neugierde und Aufgeschlossenheit entgegen, die wir sehr schätzten und genossen. Lauricia kam wenig später aus ihrer Hütte zurück und hielt uns einen Teller gut duftenden Essens vor die Nase. Es waren zwei Kochbananen in Kokosnussmilchsoße darauf. Und es war ein Geschenk an uns. Wir bedankten uns und versuchten ihr auszudrücken, wie sehr wir ihre Geste schätzten. Es schmeckte phantastisch. Am Nachmittag revanchierten wir uns mit einer Kleinigkeit. Viel konnten wir nicht bieten, aber es wurde mit großem Interesse probiert und für gut befunden. Es waren einfache Pfannkuchen mit Zucker und Zimt. Besonders spannend war aber wohl die Zubereitung auf unserem kleinen Gaskocher, denn die Jungen lugten stets um die Ecke und verpassten keinen Schritt während der Zubereitung. Wir glauben, dass auch sie sich über die kleine Geste gefreut haben. Das gemeinsame Kochen hatte seit diesem Tag festen Bestandteil in unserem Deutsch-madagassisches Duo beim Kochen

Deutsch-madagassisches Duo beim Kochen:Ralahy & Thorsten kochen Kokosnussbohnen.
Zusammenleben. Ralahy, der älteste Sohn der Familie, schenkte uns eines Abends eine Kokosnuss, und wir kochten zusammen Reis mit Kokosnussbohnen. Wir hatten von Franzosen einen Aluminiumkochtopf geschenkt bekommen, den wir seitdem ständig mit uns herumgetragen hatten. Er musste nun für die Kochorgie für mehrere Personen herhalten. Ralahy ließ gleich erkennen, dass er der Küchenchef sei und gab uns Anweisungen, wie wir ihm zur Hand gehen sollten. Er fand unsere Idee, von den beiden Köchen, ihm und Thorsten, ein Foto zu machen ganz prima und hatte ganz klare Vorstellungen, wie er das Bild gerne arrangieren wollte. Er stellte Thorsten in einer bestimmten Pose mit dem Kochlöffel ins Bild. Als das Essen bereitet war, verzog er sich jedoch und speiste alleine. Vielleicht war es ihm unangenehm, oder war es Rücksicht? Ralahy wurde zu unserem Freund, mit dem wir viel Zeit verbrachten.
Er hatte wahnsinnig viel Geduld und Spaß daran, uns unsere vielen Fragen über die madagassische Kultur und Küche zu beantworten. Er war es auch, der uns gezeigt hatte, wie Madagassen einen Lozero benutzen. Der Lozero ist ein Kochutensil, das für das Reiskochen unerlässlich ist. Jeder Madagasse hat ein solches Ding. Der Lozero ist aus Bast geflochten und oval geformt. Da der auf den Märkten verkaufte Reis noch recht unsauber ist, muss er von seinen Spelzen und Bruchstücken befreit werden, bevor er gekocht wird. Dazu eben dient der Lozero. Madagassen wissen, wie hoch der Reis geworfen werden muss, um möglichst alles wieder im Lozero aufzufangen; und sie wissen ebenfalls, in welche Windrichtung der Lozero zu richten ist, um den Wind zu nutzen und die Spelzen zu entfernen. Wir aber wussten das nicht, und dementsprechend blieb beim ersten Mal Reis säubern nicht viel vom Reis übrig. Aber innerhalb der drei Monate hatten wir reichlich Gelegenheiten zum Üben, denn auf unserem Speiseplan stand der Reis an oberster Stelle: Reis mit Bohnen und Bohnen mit Reis. Und: Wir wurden besser! Reissäubern mit dem Lozero

Ungeübte beim Reissäubern mit dem Lozero

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Text / Fotos: All Copyrights by Nadine Querfurth / Thorsten Rieck, 2001 > Kontakt


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